1.Einleitung

Die Energiewende schreitet weltweit voran, und auch Österreich spielt dabei eine bedeutende Rolle. Ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer nachhaltigen Energiezukunft ist das Konzept der Energiegemeinschaften. Diese erlauben es Menschen, gemeinsam Energie zu erzeugen, zu verbrauchen und zu handeln  ein System, das in den letzten Jahren in Österreich stetig an Beliebtheit gewonnen hat. Besonders für Betreiber von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) bieten Energiegemeinschaften eine hervorragende Möglichkeit, die Effizienz und Wirtschaftlichkeit ihrer Anlagen zu steigern.

In diesem Beitrag gehen wir auf die Entstehung und den Status quo von Energiegemeinschaften in Österreich ein und erklären, wie diese genau funktionieren, für wen sie interessant sind und wie man Teil einer Energiegemeinschaft wird. Außerdem erläutern wir den Unterschied zwischen klassischen Erneuerbaren-Energiegemeinschaften und den immer beliebter werdenden Bürger-Energiegemeinschaften.

2. Entstehung von Energiegemeinschaften in Österreich

2.1. Der Weg zur Energiegemeinschaft

Die Einführung von Energiegemeinschaften in Österreich ist eng mit dem Ziel der Bundesregierung verknüpft, den Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix bis 2030 auf 100 % zu erhöhen. Im Rahmen des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG), das im Juli 2021 in Kraft trat, wurden die gesetzlichen Grundlagen für die Gründung von Energiegemeinschaften geschaffen.

Das Ziel des EAG ist es, den Ausbau von Photovoltaik, Windkraft, Biomasse und Wasserkraft zu fördern und gleichzeitig die Bürger stärker in die Energieversorgung einzubeziehen. Durch das Gesetz wurde es möglich, dass Menschen – Privatpersonen, Unternehmen oder öffentliche Einrichtungen – sich zu Energiegemeinschaften zusammenschließen und gemeinsam von der erzeugten Energie profitieren können.

2.2. Der Startschuss: Energiegemeinschaften seit 2021

Seit August 2021 dürfen Privatpersonen, Nachbarn oder Unternehmen ihren überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energien innerhalb einer Energiegemeinschaft verteilen und zu selbst festgelegten Preisen verkaufen. Dies war eine wesentliche Neuerung, da zuvor viele Betreiber von PV-Anlagen auf die Einspeisetarife der Energieversorger angewiesen waren, die aufgrund fallender Strompreise zunehmend weniger attraktiv wurden.

In der Steiermark, einem Vorreiter in Sachen Energiegemeinschaften, haben sich seither hunderte solcher Gemeinschaften gebildet, und die Nachfrage wächst weiter. Ein Beispiel: Johannes Kohlmaier von der Energie Agentur Steiermark berichtete, dass sich die Beratungsanfragen im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt haben. Diese Entwicklung zeigt das immense Interesse, das immer mehr Menschen an diesem neuen Modell haben.

3. Was sind Energiegemeinschaften?

Eine Energiegemeinschaft ist ein Zusammenschluss von mindestens zwei Parteien, die gemeinsam Strom aus erneuerbaren Energiequellen erzeugen und nutzen. Der Clou dabei: Die Mitglieder der Gemeinschaft können selbst entscheiden, wie viel Strom sie von der Gemeinschaft kaufen oder ins allgemeine Netz einspeisen wollen. Es gibt zwei Hauptformen von Energiegemeinschaften in Österreich:

3.1. Erneuerbare-Energiegemeinschaften (EEG)

Erneuerbare-Energiegemeinschaften (EEG) sind in der Regel lokale Zusammenschlüsse. Das bedeutet, dass die Mitglieder der Gemeinschaft in geographischer Nähe zueinander liegen müssen – z.B. in derselben Gemeinde oder Nachbarschaft. In einer EEG wird der lokal erzeugte Strom (z.B. aus PV-Anlagen) innerhalb der Gemeinschaft aufgeteilt. Dies kann den Eigenverbrauch von Strom deutlich erhöhen, da der Strom nicht mehr an einen Energieversorger verkauft, sondern direkt an die Mitglieder der Gemeinschaft weitergegeben wird.

Vorteile einer Erneuerbaren-Energiegemeinschaft

  • Günstigere Strompreise: Innerhalb der Gemeinschaft können die Strompreise selbst festgelegt werden, was oft zu günstigeren Tarifen führt als beim klassischen Strombezug.
  • Höherer Eigenverbrauch: Durch den Austausch des erzeugten Stroms innerhalb der Gemeinschaft steigt der Eigenverbrauch, was die Rentabilität der PV-Anlage erhöht.
  • Unabhängigkeit: Energiegemeinschaften verringern die Abhängigkeit von großen Energieversorgern und den teils schwankenden Einspeisetarifen.

3.2. Bürger-Energiegemeinschaften (BEG)

Bürger-Energiegemeinschaften (BEG) gehen einen Schritt weiter: Hier können sich Teilnehmer aus ganz Österreich zusammenschließen, unabhängig davon, ob sie in geografischer Nähe zueinander leben. Das bedeutet, dass Stromerzeuger und Verbraucher auch in unterschiedlichen Bundesländern ansässig sein können. Dies macht die BEG zu einem besonders flexiblen und zukunftsweisenden Modell.

Vorteile einer Bürger-Energiegemeinschaft

  • Größere Reichweite: Da die Teilnehmer nicht lokal gebunden sind, können auch Menschen ohne eigene PV-Anlage von erneuerbarem Strom profitieren, indem sie Teil einer überregionalen Gemeinschaft werden.
  • Flexibilität: BEGs ermöglichen es auch kleineren Erzeugern oder Menschen, die keinen Platz für eine eigene Anlage haben, an der Energiewende teilzunehmen.
  • Handel mit Energie: Innerhalb der BEG kann Strom gehandelt werden, was den Mitgliedern eine zusätzliche Einnahmequelle verschafft.

4. Gemeinschaftliche Stromerzeugung mit Photovoltaik für Mehrparteienhäuser

Seit 2017 können in Österreich gemeinschaftliche Photovoltaikanlagen rechtlich für Mehrparteienhäuser eingerichtet und betrieben werden. Solche PV-Anlagen ermöglichen es, mindestens zwei Wohn- oder Geschäftseinheiten innerhalb eines Gebäudes mit selbst erzeugtem Solarstrom zu versorgen und so die Stromkosten nachhaltig zu senken.

Teilnahme an der PV-Gemeinschaftsanlage ist freiwillig: Bewohner können entscheiden, ob sie den Eigenstrom nutzen oder weiterhin allein Netzstrom beziehen möchten. Ebenso bleibt ihnen die Wahl des Stromanbieters für zusätzlichen Netzstrom.

Die technische Grundlage bildet die Haupt- oder Steigleitung des Gebäudes. Ab der Systemgrenze am Hausanschluss liefert diese Leitung das Gebäude wie gewohnt mit Netzstrom und versorgt die teilnehmenden Bewohner zusätzlich mit PV-Eigenstrom. „Smart Meter“ erfassen dabei viertelstündlich die erzeugten und verbrauchten Energiemengen, was eine präzise Verteilung des Stroms ermöglicht.

Durch intelligente Messgeräte und einen festgelegten Verteilungsschlüssel kann der Netzbetreiber den Netzbezug, die Überschusseinspeisung und den Eigenverbrauch genau abrechnen. Gemeinschaftliche Photovoltaikanlagen für Mehrparteienhäuser bieten so eine innovative Möglichkeit zur Senkung von Energiekosten und zur nachhaltigen Energieversorgung.

5. Wie funktionieren Energiegemeinschaften?

Energiegemeinschaften basieren auf einem relativ einfachen Prinzip: Sie ermöglichen es, den Überschussstrom, der z.B. durch PV-Anlagen erzeugt wird, innerhalb der Gemeinschaft zu verteilen oder zu verkaufen. Der Strom fließt nicht mehr wie gewohnt in das allgemeine Netz und wird zu festgelegten Einspeisetarifen an Energieunternehmen verkauft, sondern bleibt innerhalb der Gemeinschaft. Dadurch können die Mitglieder den Strom zu günstigeren Konditionen beziehen.

5.1. Technische Voraussetzungen

Damit eine Energiegemeinschaft funktionieren kann, sind einige technische Voraussetzungen notwendig:

  • Smart Meter: Diese intelligenten Stromzähler messen den Stromverbrauch und die -erzeugung in Echtzeit und ermöglichen eine exakte Abrechnung zwischen den Teilnehmern der Gemeinschaft.
  • Plattformen und Software: Über spezielle Softwarelösungen wird der Stromfluss innerhalb der Gemeinschaft organisiert. Diese Plattformen helfen, den Verbrauch und die Erzeugung zu überwachen und sicherzustellen, dass jeder Teilnehmer den Strom bekommt, den er benötigt.

4.2. Der Ablauf einer Energiegemeinschaft

  1. Gründung der Gemeinschaft: Eine Energiegemeinschaft kann von Privatpersonen, Unternehmen oder öffentlichen Einrichtungen gegründet werden. Wichtig ist, dass die Gemeinschaft aus mindestens zwei Mitgliedern besteht und der Strom aus erneuerbaren Energiequellen stammt.
  2. Erzeugung und Verteilung von Strom: Der Strom wird in der Regel über PV-Anlagen, Windkraft oder andere erneuerbare Quellen erzeugt. Der überschüssige Strom, der nicht direkt verbraucht wird, kann in der Gemeinschaft weitergegeben werden.
  3. Festlegung der Tarife: Die Mitglieder der Gemeinschaft legen gemeinsam fest, zu welchem Preis der Strom innerhalb der Gemeinschaft verkauft wird. Diese Tarife sind oft deutlich günstiger als die klassischen Einspeisetarife.
  4. Abrechnung und Verwaltung: Über die Plattformen oder Softwarelösungen wird der Stromverbrauch und -verkauf überwacht und die Abrechnung erfolgt automatisiert.

6. Für wen sind Energiegemeinschaften geeignet?

Energiegemeinschaften bieten viele Vorteile und sind für eine breite Zielgruppe interessant:

  • Privatpersonen: Besonders Besitzer von PV-Anlagen profitieren von Energiegemeinschaften, da sie ihren überschüssigen Strom an andere Mitglieder verkaufen können.
  • Unternehmen: Firmen, die große Mengen an Strom benötigen, können durch Energiegemeinschaften ihre Stromkosten senken und gleichzeitig einen Beitrag zur Energiewende leisten.
  • Gemeinden und öffentliche Einrichtungen: Auch lokale Verwaltungen können sich an Energiegemeinschaften beteiligen und ihren Stromverbrauch nachhaltig gestalten.

7. Wie gründet man eine Energiegemeinschaft in Österreich?

7.1. Schritte zur Gründung einer Energiegemeinschaft

1. Ideenfindung und Partner suchen

Der erste Schritt besteht darin, Partner für die Gründung einer Energiegemeinschaft zu finden. Dies können:

  • Privatpersonen (z. B. Nachbarn in einem Mehrparteienhaus oder in der Siedlung),
  • Unternehmen (z. B. Firmen in einem Gewerbegebiet),
  • oder öffentliche Einrichtungen (Schulen, Gemeinden) sein.

Wichtig ist, dass alle Beteiligten ein gemeinsames Ziel haben: Die Nutzung und der Handel von erneuerbarer Energie. Während bei einer Erneuerbaren-Energiegemeinschaft (EEG) die Teilnehmer in geografischer Nähe liegen müssen, ist bei einer Bürger-Energiegemeinschaft (BEG) auch eine überregionale Teilnahme möglich.

2. Rechtliche und technische Beratung in Anspruch nehmen

Bevor die Gründung formell gestartet wird, ist es ratsam, sich rechtliche und technische Unterstützung zu holen. Viele österreichische Bundesländer bieten spezialisierte Beratungsstellen für Energiegemeinschaften an, wie zum Beispiel:

  • Energieagentur Steiermark,
  • Energie Tirol,
  • Energieagentur Wien oder
  • Energie Burgenland.

Diese Stellen bieten wertvolle Unterstützung bei der Klärung rechtlicher Rahmenbedingungen, technischer Anforderungen (wie Smart Meter und Netzanschluss) sowie bei der Planung der finanziellen und organisatorischen Aspekte der Gemeinschaft. Auch viele Netzbetreiber und spezialisierte Beratungsunternehmen bieten Unterstützung bei der Gründung von Energiegemeinschaften an.

3. Festlegung der Art der Energiegemeinschaft

Es ist wichtig zu entscheiden, welche Art von Energiegemeinschaft gegründet werden soll:

  • Erneuerbare-Energiegemeinschaft (EEG): Für lokale Gemeinschaften, z. B. in einem Wohnquartier oder einer Gemeinde.
  • Bürger-Energiegemeinschaft (BEG): Diese ermöglicht die Teilnahme von Mitgliedern aus ganz Österreich und ist damit besonders flexibel.

4. Technische Voraussetzungen schaffen

Damit die Energiegemeinschaft funktionieren kann, sind gewisse technische Voraussetzungen notwendig. Das wichtigste Element sind Smart Meter, also intelligente Stromzähler, die den Verbrauch und die Erzeugung in Echtzeit messen. Diese Smart Meter sind seitens des Netzbetreibers einzubauen, sofern sie nicht bereits vorhanden sind. Die Netzbetreiber in Österreich sind verpflichtet, den Einbau von Smart Metern bis 2024 flächendeckend umzusetzen.

Neben den Smart Metern benötigt die Gemeinschaft auch eine geeignete Software-Plattform, um den Stromfluss und die Abrechnungen transparent und automatisch zu verwalten. Es gibt verschiedene Anbieter solcher Plattformen, die den reibungslosen Ablauf der Energiegemeinschaft sicherstellen.

5. Rechtliche Registrierung der Energiegemeinschaft

Die Gründung einer Energiegemeinschaft muss offiziell erfolgen. Dies beinhaltet:

  • Anmeldung beim Netzbetreiber: Die Energiegemeinschaft muss beim zuständigen Netzbetreiber registriert werden. Dieser ist dafür verantwortlich, den technisch reibungslosen Ablauf zu garantieren, z.B. durch die Bereitstellung von Smart Metern.
  • Registrierung bei der Regulierungsbehörde E-Control: Jede Energiegemeinschaft in Österreich muss bei der E-Control, der nationalen Regulierungsbehörde für den Elektrizitäts- und Erdgasmarkt, registriert werden. Die Registrierung ist erforderlich, um den Status einer formellen Energiegemeinschaft zu erlangen und in den Genuss der rechtlichen und finanziellen Vorteile zu kommen.

6. Tarife und Verträge festlegen

Die Mitglieder der Energiegemeinschaft legen die Stromtarife selbst fest. Diese können deutlich unter den marktüblichen Preisen für Haushaltsstrom liegen, da der Strom innerhalb der Gemeinschaft erzeugt und verteilt wird. Es müssen klare Verträge zwischen den Mitgliedern der Gemeinschaft aufgesetzt werden, in denen die Preisgestaltung, die Abrechnungsmodalitäten und die Verantwortung der einzelnen Teilnehmer geregelt sind.

7. Betrieb und Verwaltung der Gemeinschaft

Nach der erfolgreichen Gründung und Registrierung der Energiegemeinschaft geht es um den laufenden Betrieb. Die Verwaltung der Stromflüsse, die Abrechnung der Verbräuche und die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben erfolgt in der Regel über die bereits erwähnten Software-Plattformen. Diese sorgen dafür, dass alle Mitglieder der Gemeinschaft ihren Anteil am Strom zu fairen Konditionen erhalten und dass die Abrechnung automatisch erfolgt.

7.2. Unterstützung bei der Gründung

Es gibt in Österreich zahlreiche Stellen, die Ihnen bei der Gründung einer Energiegemeinschaft zur Seite stehen. Diese bieten nicht nur technische und rechtliche Beratung, sondern unterstützen auch bei der Organisation der Gemeinschaft und der Umsetzung der Projekte.

Hier einige wichtige Anlaufstellen:

  • Regionale Energieagenturen: Viele Bundesländer haben eigene Beratungsstellen für Energiegemeinschaften (z.B. Energieagentur Niederösterreich, Energieagentur Steiermark). Diese können bei rechtlichen Fragen, finanziellen Überlegungen und der Projektplanung helfen.
  • Energieversorger: Einige regionale Energieversorger bieten ebenfalls Unterstützung bei der Gründung und dem Betrieb von Energiegemeinschaften an, wie z.B. die Wiener Netze oder Energie AG Oberösterreich.
  • Private Dienstleister: Es gibt spezialisierte Unternehmen, die bei der Gründung von Energiegemeinschaften technische und organisatorische Dienstleistungen anbieten.

7.3. Fördermöglichkeiten

Die Gründung einer Energiegemeinschaft kann unter Umständen durch staatliche Förderungen unterstützt werden. In Österreich gibt es verschiedene Programme, die den Ausbau von erneuerbaren Energien, insbesondere durch PV-Anlagen, fördern. Diese Förderungen können sich sowohl auf die Anschaffung von PV-Anlagen, die Infrastruktur (wie Smart Meter) als auch auf die Softwarelösungen für die Verwaltung der Gemeinschaft beziehen.

Einige wichtige Förderprogramme:

  • Klima- und Energiefonds: Bietet finanzielle Unterstützung für PV-Anlagen und andere erneuerbare Energien.
  • Landesförderungen: Jedes Bundesland bietet eigene Förderungen für den Ausbau erneuerbarer Energien an.

Fazit: Die Gründung einer Energiegemeinschaft in Österreich

Die Gründung einer Energiegemeinschaft in Österreich ist durch die klaren rechtlichen Vorgaben und die breite Unterstützung auf technischer und organisatorischer Ebene gut umsetzbar. Egal, ob Sie in einer Stadt wie Wien oder einer ländlichen Region wie Vorarlberg leben – Energiegemeinschaften bieten eine hervorragende Möglichkeit, sich aktiv an der Energiewende zu beteiligen und gleichzeitig wirtschaftliche Vorteile zu genießen.

Weitere Informationen zu den Möglichkeiten gemeinsamer Anlagen auf Mehrparteienhäusern finden Sie auch auf der Website des Klima- und Energiefonds: Gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen

Oder Hier: Gemeinschaft schafft Energie